Ein Jahr Große Koalition

Ein-Jahres-Bilanz der Großen Koalition

I. Einleitung

Die Welt befindet sich in einem rasanten Wandel. Veränderung ist die neue Konstante. Globalisierung, Digitalisierung und Migration sind dabei Chance und Herausforderung zugleich. Sie zu gestalten, ist der Schlüssel zu Wachstum und Wohlstand und damit Auftrag an jede Regierungskoalition. Wer den Koalitionsvertrag von Union und SPD beim Wortgenommen hat, muss allerdings bitter enttäuscht sein. Denn der Titel verspricht: „Ein neuerAufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland, ein neuer Zusammenhalt für unser Land.“ Aber nach einem Jahr Großer Koalition zeigt sich: Nichts davon wurde umgesetzt. Bundeskanzlerin Merkel hat dem französischen Präsidenten Macron eine schnelle und mutige Antwort auf seine EU-Reformvorschläge verweigert. Union und SPD haben Dynamik in Deutschland eher in Ketten gelegt, als sie freizusetzen. Nur knapp ist Deutschland vorerst an einer Rezession vorbeigeschlittert, trotzdem wird mit dem Geld der Steuer- und Beitragszahler geprasst. Die Digitalisierung kommt weiterhin nur im Schneckentempo voran, weil es keine klare Linie und Führung gibt. Der Staat nimmt Steuern in Rekordhöhe ein und verweigert der Mitte der Gesellschaft dennoch die dringend nötige Entlastung. Gesprochen wird fortwährend nur über die Ränder der Gesellschaft. Die Rentenpolitik der Großen Koalition spaltet das Land in Jung und Alt.

II. Themen

Die Große Koalition verprasst die Substanz unseres Landes und vernachlässigt die Zukunftsthemen. Dabei muss sie jetzt handeln, damit die Herausforderungen zu Chancen werden.

Bildung und Forschung:

  • Die Bundesregierung gibt wesentlich mehr Geld für Rente als für Bildung aus. Die Ausgaben für Bildung und Forschung steigen lediglich um knapp eine Milliarde Euro, die für Arbeit und Soziales um über neun Milliarden Euro.
  • Dem MINT-Aktionsplan fehlt es an Qualität und Ambitionen. Die eingeplanten 55 Millionen Euro für die Schulen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
  • Die KI-Strategie ist nicht mehr als ein reines Sammelsurium und mit drei Milliarden Euro deutlich unterfinanziert.

Digitalisierung:

  • Deutschland hat noch immer kein Digitalministerium, sondern ein Heimatministerium und Kompetenzwirrwarr. Es sind alle und niemand zuständig.
  • Die digitale Infrastruktur kommt weiterhin nur im Schneckentempo voran. Der Glasfaserausbau ist zu langsam, Funklöcher sind immer noch Alltag.
  • Bei der digitalen Behördenkommunikation sind sogar Rückschritte zu verzeichnen, die digitale Verwaltung tritt auf der Stelle.
  • Die Versteigerung der 5G-Frequenzen ist an Planlosigkeit nicht zu überbieten. Die Klagen der Mobilfunkanbieter zeugen davon.

Wirtschaft und Energie:

  • Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat sich vor allem als Ankündigungsminister hervorgetan.
  • Die Angst vor China verleitet die Bundesregierung zur Planwirtschaft, eine „Renaissance“der Sozialen Marktwirtschaft oder Stärkung des Wettbewerbs sieht anders aus.
  • Für eine Rezession wurde keinerlei Vorsorge getroffen, die Bundesregierung hat vielmehr Kamelle-Politik betrieben.
  • Der Kohleausstieg ist ein planwirtschaftlicher Irrweg, der vor allem teurer ist und das Klima nicht retten wird.
  • Die Beschleunigung des Netzausbaus findet nicht statt, von den erforderlichen 7700 Kilometer sind nur rund 1000 Kilometer realisiert.
  • Der Klimaschutz wird ideologisch und planwirtschaftlich organisiert.
  • CETA ist als Signal für den Freihandel noch immer nicht ratifiziert.

Steuern und Haushalt:

  • Dem Staat steht das Geld bis zum Hals. Er verfügt über Mehreinnahmen von 165,9 Milliarden Euro gegenüber der letzten Legislaturperiode.
  • Finanzielle Spielräume werden in Rentengeschenke gesteckt, die alleine bis 2030 mit rund einer Viertelbillion Euro zu Buche schlagen.
  • Die Ausgabenpolitik der Bundesregierung führt zu einem Haushaltsloch von 25 Milliarden Euro bis 2023, ehrlich wären 80 Milliarden Euro.
  • Trotz des Haushaltsüberschusses von 11,2 Milliarden Euro im Jahr 2018 gibt es keine spürbare Entlastung für die Fleißigen.
  • Die vollständige Abschaffung des Soli wird immer nur angekündigt, allerdings nicht umgesetzt.
  • Bei den Sozialversicherungsbeiträgen gibt es auch keine Entlastung. Zwar sank der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte, dafür stieg aber der der Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte.
  • Die geplante Grundsteuerreform droht zum staatlichen Mietenturbo zu werden.

Innere Sicherheit und Migration:

  • Die Causa Maaßen hat fast zum Koalitionsbruch geführt. Ein Beitrag zur Politikverdrossenheit.
  • Masterplan, Asylstreit und Bamf-Skandal haben die Bundesregierung mehr beschäftigt als die Umsetzung eines Einwanderungsgesetzes oder ein nationaler Migrationsgipfel.
  • Die Maghreb-Staaten sind noch immer keine sicheren Herkunftsländer. Eine Prüfung zur Einstufung weiterer Staaten findet nicht statt.
  • Das Heimatministerium ist bis heute auf Sinnsuche.

Außen und Europa:

  • Auf die Reformvorschläge von Macron hat die Bundeskanzlerin nie richtig geantwortet.
  • Für einen chaotischen Brexit sind bis heute keine ausreichenden Vorkehrungen getroffenworden.
  • Die Bundeswehr ist weiterhin krisengeschüttelt. Berateraffäre und die Gorch Fock sind dafür symptomatisch.

Verkehr und Mobilität:

  • Der Bundesregierung ist es nicht gelungen, Dieselfahrverbote zu verhindern und die Grenzwerte überprüfen zu lassen.
  • Die Probleme bei der Bahn wurden viel zu lange ignoriert und eine Strukturreform verschleppt.

III. Ausblick

Die FDP-Fraktion macht konstruktive Opposition. Das hat sie bei der Änderung des Grundgesetzes zur Modernisierung des Bildungsföderalismus und mit über 100 Anträgen und Gesetzentwürfen bewiesen. Das unterscheidet uns von manchem politischen Mitbewerber: Wir wollen Deutschland erneuern. Deswegen werden wir die Große Koalition mit unseren Initiativen weiter antreiben:

  • Um die Fleißigen im Land zu entlasten, muss schnellstmöglich der Soli komplett und ersatzlos abgeschafft werden. Das ist auch eine Glaubwürdigkeitsfrage der Politik: Mit dem Auslaufen des Solidarpakts II entfällt die Berechtigung für die Erhebung der Sondersteuer. Spätestens dann muss der Soli entfallen.
  • Deutschland muss bei der Digitalisierung endlich in die Offensive kommen. Dafür brauchen wir ein Digitalministerium mit klaren Zuständigkeiten. Das muss dann Tempo bei digitaler Infrastruktur, Verwaltung und Technologie machen.
  • Um Migration zu ordnen und zu steuern, müssen weitere Länder, die die Voraussetzungen dafür erfüllen, als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Damit hätte die Bundesregierung längst beginnen können. Auch ein umfassendes Einwanderungsgesetzbuch, das zwischen individuell politisch Verfolgten, subsidiärem Schutz für Kriegsflüchtlinge und Fachkräftezuwanderung nach einem Punktesystem unterscheidet, muss schnell umgesetzt werden.
  • Anstatt weiter nur von der Substanz zu zehren, brauchen wir eine Trendwende in der Wirtschaftspolitik. Es gilt, die Weichen für Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand von morgen zu stellen: Das heißt, niedrigere Steuern und Abgaben, weniger Bürokratie und mehr Investitionen. Zudem müssen wir auf mehr Freihandel setzen, CETA ratifizieren und TTIP aus dem Eisschrank holen.
  • Der französische Präsident Macron muss eine angemessene und pro-europäische Antwort auf seinen Europa-Appell erhalten. Deutschland muss Motor für mutige EU-Reformen werden. Dazu gehört mindestens die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips, um die EU handlungsfähiger zu machen, die bessere Sicherung der Außengrenzen und eine Vollendung des Europäischen Binnenmarktes bei Digitalisierung, Energie und Kapitalmärkten.
  • Klimaschutz und Mobilität müssen entideologisiert werden, um die Zustimmung nicht zu verlieren. Wir brauchen nicht mehr Planwirtschaft und Verbote, sondern marktwirtschaftliche Instrumente wie den Emissionshandel und mehr Vernunft.